Ein Dreirad schont die
Umwelt
und macht auch nicht viel Gebrumm;
ein solches kurvte einst umher
auf Straßen, grad und krumm.
Dies Dreirad hatte keinen Bauch,
kein Knie und auch kein Kinn,
doch war es was Besonderes
in mehr als einem Sinn:
Da war zunächst sein Name,
welcher zeugt von Phantasie:
Man glaubt’s nicht, doch dies Dreirad
hieß tatsächlich Jennary.
»Wo kommt ein solcher Name her?«
fragt man sich - und mit Recht.
Ich weiß es nicht, doch objektiv
klingt er nicht einmal schlecht.
Doch fremder als der Name
mutet uns sein Fahrer an:
Wer sollte meinen, daß ein Fisch
auch Dreirad fahren kann?
Genaugenommen kann er’s nicht -
ihm fehlt dazu das Bein.
Und abgesehen davon war
der Fisch auch viel zu klein.
Doch war nicht nur das Dreirad
alles andre als normal:
Es war kein ordinärer Fisch
vom Dortmund-Ems-Kanal.
Es war ein hochbegabter Fisch,
ein richtig toller Hecht.
(kein echter Hecht, doch wirklich toll)
Er fand es nicht gerecht
daß ihm als Fisch die Möglichkeit
des Radelns blieb verwehrt.
Nun wollte er probieren,
wie sich so ein Dreirad fährt.
Und unserm Dreirad, Jennary,
behagte die Idee.
So kam es von der Straße ab
und rollte in den See.
Da traf sich das verquere Paar
und sorgte für Tumult:
Der Anblick des Gespanns
war andren Fischen zu okkult.
Es ist auch möglich, daß der Neid
sie ob des Wunders stach.
»Jetzt fährst du Dreirad«, sagten sie,
»doch was kommt wohl danach?
Bald willst du laufen an der Luft,
bald willst du Bücher schreiben!
Du bist nichts weiter als ein Fisch -
laß diesen Wahnsinn bleiben!«
»Zwar bin ich nur ein Fisch«, sprach er,
»doch kann ich mehr als ihr.
Ich bin genial, und folglich bin
ich nicht nur ein Getier.
Ein Fisch ohn Fahrrad ist wie eine
Frau ganz ohne Mann,
doch es steht nirgends, daß ein Fisch
kein Dreirad haben kann.«
So ging die Zeit. Das Dreirad fand
den See ein wenig naß,
doch mehr noch als dies störte es
der andern Fische Haß.
»Dies ist kein Ort«, sprach Jennary,
»für Wesen so wie uns.
Hier fehlt der Kick, hier fehlt Esprit -
hier sind nur Hinz und Kunz.
Komm, fahren wir zu einen Ort,
wo unsresgleichen wohnt.«
Der Fisch fragt: »Und? Wo soll das sein?«
Die Antwort: »Auf dem Mond.«
Dies hielt der Fisch für einen Witz.
Er rief: »Du bist nicht dicht!
Es gibt kein Wasser auf dem Mond -
das überleb ich nicht!«
»Du irrst dich«, sagte Jennary.
»Der Mond ist nicht verseucht
(im Gegensatz zu diesem See)
und ausgesprochen feucht.
Na - sagen wir mal, relativ.
Es weiß doch jedes Kind,
daß auf dem Mond in rauher Menge
nasse Meere sind.«
Der Fisch war hiervon überzeugt.
So sagten sie »Adieu!«
den andren Fischen, fuhren los
und stiegen in die Höh.
Es war ein langer Weg zum Mond,
doch endlich warn sie da.
Bunt hing im Raum die Flagge
von U.S.Amerika.
»Da wärn wir«, sagte Jennary.
»Wir haben es geschafft!«
Der Fisch blieb still, denn er war jetzt
zum Reden zu erschlafft.
»Zum Meer ist es nun nicht mehr weit.
Schau - hier steht es schon dran.
Dies ist das Mare Crisium.
Jetzt stell dich nicht so an!
Was schnappst du so nach Luft,
es ist doch angenehm und frisch!
Jetzt ab ins Meer und tob dich aus, Fisch!
He, Moment mal … Fisch?«
Der arme Fisch nahm nicht mehr wahr,
wie ihn das Dreirad rief:
Zwar gibt es Nässe auf dem Mond -
doch die ist relativ.
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